DIE INTENDANTENGRUPPE
IM DEUTSCHEN BÜHNENVEREIN
DER VORSITZENDE
Presse-Erklärung
Der Vorstand der Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein hat durch ein
Gastspiel des Osnabrücker Theaters in Sofia Kenntnis erhalten von
Strukturmaßnahmen, die von der Regierung den bulgarischen Theatern
aufgezwungen werden sollen und die das bulgarische Theater praktisch lahm legen
würden. Dies geschieht unverständlicherweise mit einem Hinweis auf das deutsche
Stadttheater-System. Dagegen protestiert der Vorstand der Intendantengruppe und
hat heute folgende Resolution verabschiedet, die auch an die bulgarische Regierung
geschickt wurde.
Resolution
Bulgarische Theater kurz vor dem Aus – deutsche Landschaft angeblich
Vorbild für „Reformen“!
Die bulgarische Theaterlandschaft erlebt derzeit die schlimmste Krise seit 1990 – wie
es nach dem 1.1.2010 weitergehen soll, weiß momentan niemand. Seit Monaten
können in vielen Theatern keine Gehälter mehr gezahlt werden,
Massenentlassungen haben begonnen – erst gestern wurden im Theater Varna 73
Mitarbeiter entlassen. Dies geschieht im Namen von neuen „Reformen“, die das
Ministerium für Kultur in Sofia in der Sommerpause beschlossen hat.
Wie im August auf einer Pressekonferenz mitgeteilt wurde, sei ausgerechnet das
deutsche Stadttheatersystem Vorbild für die massiven Umstrukturierungen in
bulgarischen Theatern!
Varna gilt als Pilotprojekt; hier wurden die erst seit 8 Monaten im Amt befindlichen
Intendanten des Schauspielhauses und der Oper auf Direktorenposten ohne
finanzielle Entscheidungsmöglichkeiten verwiesen, um einem Abgeordneten des
Gemeinderats Varna und Sekretär der Unternehmer-Partei die Entscheidungshoheit
über die beiden nun zusammengelegten Theater zu überlassen. Da die genehmigten
monatlichen Ausgaben nicht einmal die Stromkosten für die Gebäude decken, macht
das Theater täglich neue Schulden beim Ministerium in Sofia. Diese Maßnahmen
betreffen alle Theater und Kultureinrichtungen Bulgariens, deren Erhalt und
Förderbedarf durch keinerlei Gesetz geschützt wird. So wurden seit dem EU-Beitritt
die Mittel für Kultur bereits um zwei Drittel im Vergleich zum Jahr 1990 gekürzt. Ab
dem 1.1.2011 sollen weitere Reformen in allen Theatern Bulgariens durchgesetzt
werden – die Spielpläne sind vielerorts nicht weiter als bis Dezember gemacht, aber
schon jetzt können keine neuen Produktionen finanziert werden.
Wie ein derartiges Ausbluten der bulgarischen Theater mit Bezug auf das von
Regierung und Bevölkerung in seinem Wert verstandene deutsche
Stadttheatersystem begründet werden kann, ist unerklärlich!
Wir fordern das Kulturministerium und die Regierung in Sofia auf, den drastischen
Kulturabbau sofort zu stoppen! Wer den Theatern die finanzielle Unterstützung
nimmt, nimmt seinem Land in der tiefsten Krise jegliche Möglichkeiten kultureller
Identität und die Möglichkeiten einer bitter nötigen gesellschaftlichen Vision für die
Zukunft.
Holk Freytag
Vorsitzender der Intendantengruppe
im Deutschen Bühnenverein
Professor Klaus Zehelein
Präsident
des Deutschen Bühnenvereins
Rolf Bolwin
Geschäftsführender Direktor
des Deutschen Bühnenvereins
Anlage:
Bericht des Osnabrücker Theaters über
die Situation des bulgarischen Theaters
Am Markt 1
36251 Bad Hersfeld
Telefon (06621) 201-313
Telefax (06621) 201-346
caltm@bad-hersfeld.de
www.intendantengruppe.de
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